Sonderrechte für den Verlegerverband bei der NZZ Redaktion

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Gestern hat Medienredaktor Rainer Stadler in der NZZ Online eine eher lauwarme Kritik an der vermessenen Forderung der Verleger- und Journalistenverbände nach einer Lizenz- und Vergütungspflicht von Links auf ihre Inhalte publiziert. Man spürt förmlich, wie sich Stadler, der in früheren Jahren immer klar gegen ein solches Leistungsschutzrecht Stellung bezogen hat, zurückhält.

So hat er am 2. März 2013 seinen Kommentar mit dem Titel «Schein-Schutz für die Presse» (Hinweis: Dieser Link wäre in Zukunft lizenz- und vergütungspflichtig) mit folgendem Satz abgeschlossen:

«Die Zeitungsverlage stehen zweifellos vor gewaltigen Herausforderungen angesichts der digitalen Revolution. Weder ein Leistungsschutzrecht noch das Ausmalen von Feindbildern wird ihnen allerdings etwas nützen auf dem Weg in die Zukunft.»

Rainer Stadler, «Schein-Schutz für die Presse», NZZ Online, 2.3.2013, zuletzt aufgerufen: 9.3.2019

Und eineinhalb Jahre später kommt er im Beitrag «Unnötiger Stress mit Google» zu folgendem Schluss:

«Doch gibt es ein Recht auf einen bezahlten Platz auf Such-Plattformen, welche den Verlagen kostenfrei globale Aufmerksamkeit verschaffen? Nein. Die deutschen Verlage verdrehen ein Win-win-Geschäft in ein Lose-lose-Geschäft.»

Rainer Stadler, «Unnötiger Stress mit Google», NZZ Online, 2.10.2014, zuletzt aufgerufen: 9.3.2019

Über die Gründe, warum Stadler mit der Forderung der Verleger nun nicht mehr so hart ins Gericht geht, lässt sich nur spekulieren. Es sieht allerdings ganz danach aus, dass es hier eine klare Direktive von oben gibt, den Argumenten gegen das Leistungsschutzrecht keinen Raum einzuräumen.

Ein Zeichen dafür sind die Sonderrechte, die Andreas Häuptli, dem Geschäftsführer des Verlegerverbandes, eingeräumt werden: Kurz nachdem der harmlose Artikel von Rainer Stadler online ging, wurde am Ende des Beitrags eine Art Replik bzw. Ergänzung von Häuptli eingefügt.

Ein äusserst seltsames, um nicht zu sagen fragwürdiges Selbstverständnis sowohl von Herrn Häuptli, wie auch von der NZZ-Redaktion. Alle anderen von einer Medienberichterstattung betroffenen Normalsterblichen müssen jeweils einen Leserbrief oder einen Kommentar schreiben oder gar eine Gegendarstellung verlangen, wenn sie mit einem redaktionellen Inhalt nicht einverstanden sind. Der Präsident des Verlegerverbandes kann aber offenbar einfach zum Telefonhörer greifen und ohne mit der Wimper zu zucken werden seine „Korrekturanweisungen“ an die Redaktion mit dem Beitrag veröffentlicht.

Wollen wir wirklich einem Verband, der sich offenbar alles erlauben kann, und auch bereit ist, seine Machtmöglichkeiten ohne Scham auszunützen, die alleinige Hoheit über die Berichterstattung im Internet überlassen?

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